Körberstiftung / Internationale Verständigung
Interview mit Marek A. Cichocki / Oktober 2016
Stillstand zwischen Moskau und Warschau
Der Philosoph und Politologe Marek A. Cichocki ist Forschungsdirektor am Natolin European Centre in Warschau und Chefredakteur der Zeitschrift »New Europe«. Am Rande des Körber History Forum sprach er mit der Journalistin Gemma Pörzgen über die Beziehungen zwischen Polen, Russland und Deutschland.
Wie würden Sie die Beziehungen zwischen Polen und Russland heute charakterisieren?
Es ist nicht einfach, diese Beziehungen zu charakterisieren. Die Entwicklung der russischen Politik in Osteuropa wird in Warschau sehr kritisch bewertet und ist keine Grundlage für einen intensiven Dialog. Die Moskauer Politik wird in Polen mit Sorge beobachtet und geht mit dem Gefühl von Bedrohung einher. Es gibt Kontakte und Versuche auf unterschiedlichen Ebenen, mit irgendwelchen Projekten voranzukommen, aber die Beziehungen sind überschattet.
Es gab seit Jahren kein Treffen der Außenminister mehr. Die Beziehungen liegen also auf Eis?
Körberstiftung / Internationale Verständigung
Meldung vom Donnerstag, 29. September 2016
Europa und Russland: »Keine positive Perspektive«
Die russische Politikwissenschaftlerin Natalia Burlinova ist Präsidentin der Public Initiative Creative Diplomacy in Moskau, die sich mit Russlands Soft Power-Strategie und Staatsdiplomatie beschäftigt. Am Rande des Körber History Forums sprach sie mit der Journalistin Gemma Pörzgen über Russlands aktuelle Rolle in Europa.
Heute gebe es im Umgang mit Russland eine große Angst, meint Burlinova. »Ich weiß nicht, was passieren müsste, damit die EU in anderer Weise auf Russland blickt, nicht wie auf einen Feind oder einen Gegner, sondern als Partner. Aber ich sehe dafür derzeit keine positive Perspektive. Die Einführung der Sanktionen zeigt, dass Europa erneut seine Wirtschaftsinteressen nicht an erste Stelle setzt. Die Politik dominiert die Wirtschaft. In Russland gibt es da einen anderen Ansatz. Wenn es wirtschaftliche Vorteile bringt, können wir bestimmte politische Meinungsunterschiede vergessen. Aber Europa fängt dann an, über politische Werte zu reden. Dieser unterschiedliche Ansatzpunkt funktioniert einfach nicht.«
Bericht Gemma Pörzgen / September 2016 für die Körber Stifung
Entwaffnung der Geschichte für eine friedliche Gegenwart
Mit dem neu geschaffenen »Körber History Forum« will die Körber-Stiftung einen Beitrag dazu leisten, die Geschichte abzurüsten.
Eröffnungsredner Karl Schlögel im Gespräch mit Thomas Paulsen, Körber-Stiftung
»Wir müssen heute leider feststellen, dass Geschichte in immer mehr Ländern zur politischen Waffe mutiert«, sagte Thomas Paulsen, Vorstand der Körber-Stiftung zur Eröffnung der zweitätigen Konferenz, die in Berlin internationale Wissenschaftler, Journalisten, Politiker, Intellektuelle und Geschichtsvermittler erstmals zusammenbrachte, um den Einfluss der Geschichte auf die politische Gegenwart und deren Instrumentalisierung zu diskutieren. »Wir wollen Geschichte entwaffnen, indem wir offen über unsere unterschiedlichen Geschichtsbilder sprechen«, sagte Paulsen. Die Körber-Stiftung wolle von nun an mit dem »Körber History Forum« einmal im Jahr die Lücke zwischen wissenschaftlichen Treffen wie dem Historikertag, der stark an Aktualität orientierten Sicherheitskonferenz und dem Berliner Forum Außenpolitik füllen.
Interview mit dem ukrainischen Historiker und Publizisten Yaroslav Hrytsak / Körber-Stiftung September 2016
Neue Gesprächsbereitschaft gegenüber Russland
Der ukrainische Historiker und Publizist Yaroslav Hrytsak ist Professor an der Katholischen Universität in Lviv und Direktor des Instituts für Historische Forschung an der Ivan-Franko-Universität. Er gibt die Zeitschrift »Ukraina Moderna« heraus und ist Co-Direktor der Ukrainischen Historikerkommission. Beim Körber History Forum sprach er mit der Journalistin Gemma Pörzgen über Geschichte und Gegenwart der russisch-ukrainischen Beziehungen.
Es gibt Stimmen, die sagen, dass der russische Präsident Wladimir Putin vielleicht in die Geschichte als derjenige eingeht, der die ukrainische Nation geeint hat. Was halten Sie von dieser These?
Ich stimme da gerne zu. Wenn man sich Umfragen anschaut, dann gab es einen erkennbaren Umschwung mit Blick auf Putin. Der russische Präsident hatte vor dem Euromaidan ein sehr gutes Image, und jetzt ist es sehr schlecht. Wenn man die Ukrainer einen will, muss man heute nur über Putin sprechen. Der Hass ist groß und das nicht nur in der West-, sondern auch in der Ostukraine. In der Ostukraine hassen sie Putin, denn er bedeutet für sie Krieg.
War der Krieg der Wendepunkt?
Letzte Inseln der Medienfreiheit
9. AUGUST 2016 • INTERNATIONALES, PRESSEFREIHEIT • EJO
Die Spielräume für Journalisten und Medien in Russland werden immer kleiner. Schon seit Jahren ist die Übermacht der staatlichen Medien so groß, dass unabhängige Stimmen in der russischen Medienlandschaft eher ein Nischendasein führen.
Ihre Nutzerzahlen sind im Verhältnis zur Größe der riesigen Russischen Föderation mit rund 140 Millionen Einwohnern oft verschwindend gering. Während sich nahezu 90 Prozent der Bevölkerung vor allem über das Staatsfernsehen informieren, das selbst in den entlegensten Dörfern empfangen wird, sind die Auflagen der unabhängigen Hauptstadtzeitungen wie der Nowaja Gaseta (Neue Zeitung) oder der Wirtschaftszeitung Wedemosti (Der Anzeiger) im Vergleich ebenso gering wie die niedrigen Klickzahlen unabhängiger Webseiten. Dennoch gibt es bislang in Russland immer noch unabhängige Journalisten und Medien, die allen Schwierigkeiten zum Trotz vor allem die Freiheit des Internets nutzen, um investigative Geschichten und informative Artikel zu publizieren.
Bildung um jeden Preis
vom 01.03.2016 | Thema: Bildung | Heinrich Böll Stiftung
Ob Schulpreise die Schulentwicklung fördern und das Bildungssystem verändern - das wollten wir wissen und luden zum Fachgespräch. Trotz positiver Effekte bleibt die Sorge um die Schulen, die sich nie bewerben und vernachlässigt fühlen.
„Wir brauchten Geld“, erinnerte sich die frühere Schulleiterin der Erika-Mann-Schule, Karin Babbe, an ihre Motivation, an Wettbewerben überhaupt teilzunehmen. Wie bei vielen anderen Schulen im sozialen Brennpunkt sei es finanziell sehr eng gewesen. „Wir haben geschaut, was passt zu uns, was brauchen wir, was bietet uns der Wettbewerb an?“ Die heutige Schulrätin im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hatte in den 17 Jahren als Schuldirektorin zehn Preise gewonnen und berichtete im Fachgespräch „Bildung um jeden Preis? Wie Schulpreise unser Bildungssystem verändern“, das am 26. Februar in der Heinrich-Böll-Stiftung stattfand, aus der Praxis.